Fragwürdige Bio-Importe der Handelskonzerne

Fragwürdige Bio-Importe der Handelskonzerne

Es ist nichts Neues, dass heimische Handelsriesen mit harten Bandagen gegen bäuerliche Direktvermarkter kämpfen, doch zu den Verlierern zählen gerade im Biosegment neben den Produzenten auch die Konsumenten und natürlich die Umwelt.

Die Druckmittel der Handelskonzerne: Klagen (wie im Fall der 24h Selbstbedienungs-Container) oder vermehrte Importe von Bioware (auch aus EU-Drittstaaten).

Der Trend zum bewussten Konsum ist durch Corona noch verstärkt worden, sowohl biologische auch als regionale Lebensmittel verzeichnen starke Umsatzzuwächse.

Davon wollen jetzt offenbar auch die Handelskonzerne im großen Stil profitieren und bauen ihr diesbezügliches Angebot massiv aus. Dass dabei nicht alles immer in die ökologische Richtung läuft, kritisiert die Bürgerinitiative oekoreich am Beispiel der Linie „Bio Billa“ des REWE-Konzerns.

Gurken, Eier & Honig: problematische Billig-Bio-Importe

Es ist wahrlich keine neue Erkenntnis, doch es ist wichtiger denn je sie in Erinnerung zu rufen: biologische Landwirtschaftsprodukte ohne Regionalitätsfaktor schaden mehr als sie bringen.

Gemeint sind natürlich Lebensmitte, die auch aus heimischen Anbau verfügbar sind, aber aus unterschiedlichsten Gründen von Rewe & Co. importiert werden.

Bekanntestes Beispiel sind die Bio-Gurken aus Spanien, aber auch Bio-Eier aus der EU und sogenannter Waldhonig aus China.

Demnach stammen etwa die von BILLA angebotenen Bio-Gurken aus der spanischen Provinz Almeira, einer Region, wo eklatanter Wassermangel und Arbeitsausbeutung dokumentiert sind.

Auch die Eier für die Bio-Dinkelwaffeln stammen nachweislich nicht aus Österreich. Und beim „Waldhonig“ könnte es sogar sein, dass er aus China stammt, immerhin findet sich nur die vage Angabe auf der Packung, dass er aus außereuropäischer Landwirtschaft kommt.

Nicht nur, dass die Bio-Zertifizierungen außerhalb der EU sehr stark von den Standards des EU-Bio-Siegels abweichen, auch die bestimmungen dieses Labels selbst garantieren bei zusammengesetzten Lebensmitteln nicht 100% „bio“.

Denn das darf auch verwendet werden, wenn die Zutaten zu mindestens 95 Prozent den Kriterien entsprechen.

Zur Erinnerung: ein kleiner Ratgeber durch den Hinweisdschungel unter dem EU-Bio-Label über die Herkunft der Zutaten:

  • Steht dort „EU-Landwirtschaft“, so wurden die Rohstoffe in EU-Ländern erzeugt.
  • „Nicht-EU-Landwirtschaft“ gibt an, dass die enthaltenen Agrarprodukte aus Drittländern stammen.
  • Macht eine Zutat maximal zwei Prozent aus, so muss diese bei der Herkunftsangabe nicht berücksichtigt werden.
  • Steht unter dem Siegel „EU-/Nicht-EU-Landwirtschaft“, so kommt ein Teil der Rohstoffe aus der EU, ein Teil aus Nicht-EU-Ländern.
  • Wurden alle enthaltenen Rohstoffe in einem Land produziert, so kann auch das konkrete Land genannt werden, z. B. „Österreich Landwirtschaft“.

Wenig Nachhaltigkeit, gewaltige CO2-Emissionen

In vielen Berichten wurden bereits die ökologischen Folgekosten importierter Lebensmittel aufgezeigt, etwa die gewaltigen CO2-Emissionen durch lange Transporte. Zudem wurde bereits in der Vergangenheit Kritik an der Kontrollqualität im globalen Süden geübt. Die Aussagekraft des EU-Bio-Gütesiegels leidet demnach darunter und macht es für Konsumenten mitunter noch schwerer, eine bewusste und ökologische Entscheidung zu treffen.

„Solche Billig-Bio-Importe lösen keine Probleme, sondern schaffen viele neue. Sowohl hier bei uns in Österreich, wo der Niedergang der kleinstrukturierten Landwirtschaft dadurch angeheizt wird, als auch in den Ländern, in denen die Lebensmittel stattdessen erzeugt werden. Die einzigen, die wirklich davon profitieren, sind die Handelskonzerne, die mit diesem neuen Bio-Schmäh glauben ihr grünes Image aufpolieren zu können.“ so Sebastian Bohrn Mena, Bundeskoordinator von oekoreich, der Nachfolge-Initiative des kürzlich erfolgreich beendeten Tierschutzvolksbegehrens in Österreich.

Die Initiative oekoreich fordert die verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei Lebensmitteln, sowohl bei verarbeiteten Produkten als auch in der Gastronomie.

Ein wichtiger Hinweis an dieser Stelle: Die Schweiz hat einen – nicht gerade unwesentlichen Teil – des Problems längst gelöst. Dort gibt es seit über 20 Jahren eine verpflichtende Kennzeichnung für die Gastronomie hinsichtlich der Herkunft des verwendeten Fleisches. Die Herkunft des verwendeten Fleischs muss per Aushang oder in der Speisekarte transparent gemacht werden. Darüber hinaus gibt es diese Verpflichtung seit 2003 auch für verwendete Eier.

Zudem unterstützt oekoreich die Forderung der Bürgerinitiative für ein Lieferkettengesetz, wonach Produkte, die unter Missachtung von Menschenrechten und Umweltstandards erzeugt wurden, nicht mehr in die EU importiert werden dürfen.

Initiative für ein Lieferkettengesetz will Klarheit über Missachtung von Menschenrechten und Umweltstandards bringen

Auch die neu formierte Bürgerinitiative Lieferkettengesetz befasst sich mit diesem Thema und möchte Konzerne wesentlich stärker in die Verantwortung nehmen.

Ihr Credo: Wenn multinationale Konzerne in ihren globalen Lieferketten die Menschenrechte & Umweltstandards ignorieren, dann schadet das nicht nur Menschen, Natur und Klima, sondern sorgt auch für Verzerrungen am
Markt. Während heimische Unternehmen faire Löhne und Steuern zahlen und die hohen nationalen Produktionsstandards einhalten, können die Multis billigst im Ausland produzieren.

Die Ausbeutung von Menschen und der Raubbau an der Umwelt bringt ihnen einen gewaltigen Kostenvorteil. Deshalb wird die Forderung nach der Erstellung eines Lieferkettengesetzes erhoben. Dieses soll die folgenden Eckpunkte umfassen:

  • EU-weites Importverbot für Rohstoffe & Produkte, die unter Missachtung von Menschenrechten & Umweltstandards erzeugt wurden
  • Verpflichtende Dokumentation der Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards entlang der gesamten Lieferkette
  • Kleine und mittelständische Unternehmen sind ausgenommen (das Gesetz soll erst ab 1.000 Mitarbeiter*innen gelten)
  • Angemessene mehrjährige Fristen und Übergangszeiträume sollen die nachhaltige Umsetzung ermöglichen

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Quellen:

¹ oekoreich – unabhängige Bürgerinitiative zur Förderung von Ökologie & Nachhaltigkeit
² Wer hat’s erfunden? Die Schweiz!
³ Artenschutz im Supermarkt: Funktioniert das? (derstandard.at)

Linktipps

– Vertical farming – was ist das?
– Veganer Käse als kulinarischer Aufreger
– Wie ökologisch ist der McPlant Burger von McDonalds?
– Bananenfasern für Textilien: innovativ, nachhaltig & robust
– Vegan oder vegetarisch – wie gesund ist das für Kinder und Jugendliche?

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