Veganes Leder

veganes Leder

Konventionelle Lederherstellung gilt schon lange als ökologisch problematisch doch ganz abgesehen davon, für Veganer ist Leder ohnedies tabu. Alternativmaterialien gibt es viele, sie werden als veganes Leder angeboten, doch was verbirgt sich hinter dieser Bezeichnung, wofür ist es geeignet, wofür nicht? Nicht alles was vegan ist, ist auch sinnvoll. Oftmals steht vegan darauf und Kunststoff ist darin. Wir haben uns also die Materialien für „veganes Leder“ genauer angesehen und auf ihre Praxistauglichkeit getestet.

Veganes Leder und Konsumentenirreführung

Zunächst: Achtung! Manchmal verbergen sich hinter dem Titel ‚veganes Leder‘ schlichtweg Kunststoffe, wie Polyurethan und Polyester. Das ist zwar irreführend aber nicht verboten. Klar ist jedoch – ‚veganes Leder‘ zum Diskontpreis gibt es nicht. Verdächtig billige Produkte aus ‚veganem Leder’ also bitte zweimal prüfen um sicher zu stellen, dass man auch tatsächlich das erwirbt was man zu besitzen wünscht!

Produkte aus „veganem Leder“ bestehen manchmal nämlich manchmal zwar nicht aus tierischen Materialien, aber schlicht und einfach aus Kunststoff! Dass Kunststoff, insbesonders, wenn seine Bestandteile Bezeichnungen wie „PVC“, „PET“ oder „O“ enthalten, weder umwelt- noch tierfreundlich ist, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Schließlich wird Kunststoff aus Erdöl gewonnen, dessen Gewinnung unsre Ozeane verschmutzt und unser Ökosystem nachhaltig gefährdet.

Doch auch irreführende Begriffe wie z.B. „Rhabarberleder“ führen verantwortungsbewusste Konsumenten leicht in die Irre. Rhabarberleder ist nämlich tierisches Leder, meist Rindsleder, dass lediglich ‚umweltschonend‘, nämlich mit Inhaltsstoffen aus der Rhabarberwurzel anstatt mit giftigen Chemikalien gegerbt wurde. Vegan – weit gefehlt!

Solange es keine einheitlichen Begriffsdefinitionen im Sinn des Konsumentenschutzes gibt, tun all jene, denen veganes Leben ein ehrliches Anliegen ist, gut daran, Etiketten genau zu studieren. Als kleine Hilfestellungen haben wir einen Überblick erstellt, welche Materialien aktuell tatsächlich als veganer Lederersatz zum Einsatz kommen.

Ananasleder – Piñatex

Piñatex wird aus den Blättern der Ananas (Piña ist das spanische Wort für Ananas) gewonnen. Diese Blätter, die ansonsten bestenfalls Bioabfall wären, werden direkt bei der Ernte abgeschnitten, das restliche Material der Pflanze wird als Düngemittel oder Biogas verwertet, die Frucht selbst verarbeitet.

Bei der Herstellung von Piñatex wird also ein Pflanzenbestandteil verarbeitet, den man sonst wegwürfe. Ein zusätzlicher Ananas Anbau für die Gewinnung von Piñatex ist nicht notwendig, und damit auch kein weiterer zusätzlicher Wasser- und Bodenverbrauch.

Der komplette Herstellungsprozess von Piñatex ist somit biologisch einwandfrei und schonend für die Umwelt. Das Allerbeste an der Verarbeitung von Ananas-Blätter ist zudem, dass für die Ananasbauern ganz nebenbei eine neue Einkommensquelle entsteht – durch ein Beiprodukt, das sowieso mitgeerntet und sonst weggeworfen würde.

Für die Herstellung von Piñatex werden mit einem speziellen Verfahren aus den Ananas-Blättern die Fasern herausgezogen. Diese bei dem sogenannten ‚Enthülsungsverfahren’ gewonnen Fasern verarbeitet man in Folge zu einem Vliesgewebe, das sich als Grundstoff im Textil-Mode-Bereich, für Schuhe, Taschen und Accessoires oder auch als Möbel- oder Autositzpolsterung immer breiterer Beliebtheit erfreut.

Piñatex ist robust und dennoch weich, wasserabweisend und atmungsaktiv. Es wird in einer Materialstärke von 1,5 – 2 mm hergestellt und ist in unterschiedlichen Farbtönen, Dicken und Oberflächenbeschaffenheit produzierbar. Für einen Quadratmeter Piñatex braucht es ca. 480 Ananasblätter das entspricht in etwa 16 – 20 Ananas.

Am Ende seines Produktlebens ist Piñatex bei ökologisch einwandfreier Verarbeitung zudem kompostier- und recyclebar – ein Lebenszyklus, der jedes Veganerherz höher schlagen lässt. Damit entspricht dieser Ausgangsstoff der tierfreundlichen und nachhaltigen Vorstellung des Begriffs „veganes Leder“.

Korkleder

Korkleder ist ein großartiges Material: 40 Millionen Zellen pro Kubikzentimeter zu 90% mit einem luftähnlichen Gasgemisch gefüllt, sorgen dafür, dass Korkprodukte extrem leicht und elastisch, gleichzeitig aber robust und widerstandsfähig sind.

Kork ist

  • abnutzungsresistent
  • abwaschbar
  • antistatisch
  • atmungsaktiv
  • feuerfest
  • formbeständig
  • recyclebar
  • robust
  • umweltfreundlich
  • warm
  • wasserundurchlässig
  • weich
  • widerstandsfähig

und für Allergiker geeignet.

Korkleder ist mit seiner unvergleichlichen Maserung eine wunderschöne Alternative und findet bei ausgewählten Designern schon länger Einsatz für exquisite Mode- und Fashionprodukte.

Zusätzlich zu ihrer Schönheit und Vielseitigkeit bieten Korkprodukte auch einen Mehrwert für Produzenten und Umwelt. Korkbauern, die aufgrund der sinkenden Nachfrage nach Kork als typischem Flaschenverschluss in den letzten Jahrzehnten starke Umsatzeinbußen erlebten, haben neue Abnehmer für ihren Rohstoff. Korkwälder – vorwiegend in Portugal – können so als einzigartige Biotope für Fauna und Flora erhalten bleiben.

Zur Korkherstellung wird die Rinde von Eichen verwendet. Die Bäume werden einfach regelmäßig ‚geschält‘, da die Rinde immer wieder nachwächst und ein nachhaltiger Rohstoff im besten Wortsinn ist. Bei der Weiterverarbeitung wird bei qualitativ einwandfreiem Kork auf Konservierungsmittel und künstliche Farbstoffe verzichtet.

Kork ist ein veganer Alleskönner und bildet nicht nur für den Stamm der Eiche einen perfekten Schutzmantel. Korkleder ist flexibl, innovativ und einfach schön.

SnapPap

SnapPap ist Papier in Lederoptik. Es besteht aus einer vegan unbedenklichen Zellulose-Latex Mischung und vereint die Vorteile von Papier und Stoff. SnapPap ist reißfest, waschmaschinentauglich und leicht verarbeitbar.

Das Material gibt es mit glatter Oberfläche in allen Regenbogenfarben. Seit einiger Zeit gibt es dank verfeinerter Verarbeitungsmöglichkeiten auch strukturiertes SnapPap. Dieses weist vom Aussehen und der Haptik her noch eine stärkere Ähnlichkeit mit echtem Leder auf. Ein Laie sieht kaum mehr einen Unterschied.

Das vegane Leder aus Papier ist vielseitig einsetzbar. SnapPap lässt sich für Nähprojekte vielseitigst einsetzen und dient vor allem in der DIY Szene als beliebter Grundstoff für Taschen und Applikationen. Das Material greift sich wie eine Mischung aus weichem Stoff und Wildleder an, sieht ‚echt ledrig‘ aus und überzeugt durch seine Reißfestigkeit immer mehr Fashionistas.

Pilzleder

Pilzleder wird nicht aus den Pilzköpfen, die wir gern zu Schwammerlgulasch & Co. verarbeiten, hergestellt, sondern aus dem weit verzweigten Wurzelgeflecht der Pilze, dem sogenannten Myzel. In Verbindung mit landwirtschaftlichen Abfallprodukten wie z.B. Sägespänen, wachsen diese zu riesigen ‚Feldern‘ heran, die nach der ‚Ernte‘ vielfältig bearbeitet und geformt werden können.

Pilzleder hat die gleichen Eigenschaften wie echtes Leder — nur der typische Ledergeruch fehlt. Pilzleder ist strapazierfähig, atmungsaktiv, flexibel und hitzebeständig. Es lässt sich auch färben und strukturieren.

Aktuell ist Pilzleder vor allem im Modebereich im Einsatz, doch langfristig ist das verarbeitet Myzel noch viel breiter einsetzbar. Durch verschiedene Verarbeitungsmethode kann der Rohstoff auch als Stein-, Holz- oder Plastikersatz verwendet werden, ja sogar Anwendungen als Flugzeug- Auto- oder Hausbaustoff werden erprobt.

Weintrauben als Lederersatzrohstoff

Bei der weltweiten Weinherstellung fallen jedes Jahr bis zu sieben Milliarden Kilogramm natürlicher Produktionsabfälle an. Der italienische Architekt Gianpiero Tessitore fand ein Verfahren zur weiteren Nutzung dieser pflanzlichen Ressourcen.

Die bei der Weinherstellung übrigbleibende Maische, also Haut, Stiele und Samen von Trauben, werden durch ein spezielles Verarbeitungsverfahren mit Öl vermengt und bilden eine lederartige Oberfläche.

Weintraubenleder ist der jüngste Spross in der veganen Lederfamilie, aber sicher nicht der letzte. Wir stehen hier erst am Anfang einer Entwicklung, die nicht nur Veganer freuen wird!

Auch große Textilketten haben erkannt, dass ein Umdenken notwendig ist und stecken Geld und Kapazitäten in entsprechende Projektentwicklungen. Denn um exquisite Kleidung und Accessoires herzustellen, ist es nicht notwendig, Tiere auf die Schlachtbank zu führen. Veganes Leder ist ein Trend der Zukunft – und das ist gut so!

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Quellen:

¹ Veganes Leder muss nicht aus Kunststoff sein
² ÖkoF-Fair: Veganes Leder

Linktipps

– Bananenfasern für Textilien: innovativ, nachhaltig & robust
– Bio-Reisprotein – gesunde Eiweißquelle für Allergiker & Veganer
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– Vegan – auf was muss ich achten?

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