Palmölfrei? Warum Palmöl problematisch ist und große Handelsketten umdenken

Palmölplantage

Palmölplantagen sind überaus ertragreich und liefern bei verhältnismäßig kleinen Anbauflächen hohe Mengen an Öl. Palmöl zeichnet sich damit durch besonders hohe Produktivität aus. Doch was an sich erfreulich klingt, bringt einige gravierende Probleme mit sich. Gerade weil Palmöl so ertragreich ist, boomt es – und damit gibt es immer mehr Anbauflächen. Aber die riesigen Plantagen zerstören ganze Regionen und damit die zugehörige Fauna und Flora. Umdenken ist angesagt!

Gewinnung von Palmöl…

Die Ölpalme zeichnet sich durch einen besonders hohen Ölertrag pro Hektar aus. Das ist ein großer Wettbewerbsvorteil gegenüber vielen anderen Ölfrüchten. So weit so gut. Doch durch die immense Nachfrage nach dem veganen Pflanzenöl rauben riesige Palmölplantagen einer Reihe Tier- und Pflanzenarten den natürlichen Lebensraum. Ein großflächiges Aussterben vieler Arten ist die Folge.

Palmölplantagen tragen so stark zum Verlust von artenreichen Wäldern bei. Und damit zum Sterben vielfältiger bäuerlicher Strukturen und Landstriche. In Indonesien und Malaysia sind mittlerweile riesige Landstriche von ihren natürlichen Bewohnern pflanzlicher und tierischer Art ‚entvölkert’. Das ist umso dramatischer, als in diesen Gegenden auf engstem Raum Mikokosmen mit ungeheurer Artenvielfalt heimisch sind und nun zerstört werden.

…verdrängt andere Lebensräume

Die starke Nachfrage nach Palmöl hat in den letzten Jahren im Eilzugstempo andere Landnutzungsarten verdrängt. Doch damit nicht genug. Die großen Monokulturen lassen auch den Boden in der Umgebung der großen Plantagen mit der Zeit immer stärker austrocknen. Soweit es in diesem Gegenden überhaupt noch bäuerlich-ländliche Strukturen gibt wird der ortsübliche traditionelle Reisanbau dadurch nahezu verunmöglicht.

Intensive Düngung und organische Abwässer aus den Palmölmühlen belasten das Grundwasser. Trinkwasser von immer schlechterer Qualität und Fischsterben in großem Ausmaß sind weitere Folgen. Zudem kommt es immer häufiger zu Überschwemmungen in der Regenzeit und verstärkter Bodenerosion.

CO2-Fußabdruck

Paradoxerweise haben die ertragreichen Palmölplantagen vergleichsweise den höchsten CO2-Fußabdruck pro Fläche. Mitverantwortlich dafür ist auch die Trockenlegung von oft meterdicken Sumpfböden zwecks Landgewinnung.

Die in diesen Mooren über Jahrtausenden gespeicherte und konservierte Biomasse zersetzt sich im Zuge der Trockenlegung sehr rasch. Immenser CO2 Ausstoß ist die Folge und trägt so das Seine zum Klimawandel bei.

Zunahme an Waldbränden

Zudem stehen Plantagenbetreiber immer wieder in Verdacht Brandstifter jener verheerender Waldbrände zu sein, die dort seit einigen Jahren gehäuft auftreten. Sicher ist jedenfalls, dass das großflächige Trockenlegen der Moore brandbeschleunigend wirkt.

Diese Monokuklturen stellen mittlerweile eine große ökologische Gefahr dar. Und auch eine gesundheitliche, denn ganze Regionen sind durch die Brände oft wochenlang in Rauchwolken gehüllt. Die katastrophalen Folgen für die Bevölkerung kann sich jeder selbst ausmalen.

Harte Arbeitsbedingungen

Auch die Arbeitsbedingungen rund um die Palmölproduktion sind oft hart. Verstöße gegen Internationales (Arbeits-) Recht sind nicht unüblich, aber auch Menschenrechtsverletzungen kommen vor.

Immer wieder werden Fälle von Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Lohnsklaverei publik. Aber auch ethische Diskriminierungen von einzelnen Bevölkerungsgruppen und Löhne, die nicht zur Befriedigung der Grundbedürfnisse ausreichen, sind keine Seltenheit. Dies wiegt umso schwerer, als die natürlichen Lebensräume der Bevölkerung beschnitten und Alternativen zur Arbeit auf der Palmölplantage immer seltener werden.

Natürlich gibt es auch Arbeitgeber und Plantagen, die sich an alle Regeln halten und stark für Zertifizierungen einsetzen um Standards von freiwilligen Selbstverpflichtungen zu dokumentieren. Doch ein genauer Blick auf die Art der Zertifizierung tut not, um sicher zu gehen, dass man ethisch hochwertiges Palmöl konsumiert.

RSPO und EU Verordnung

Die seit Ende 2014 in Kraft befindliche EU-Lebensmittel-Informationsverordnung legt fest, dass die Herkunft von Fetten auf Produkten ausgewiesen sein muss. Doch Palmöl ist nicht nur in Lebensmitteln enthalten. Das Fett wird auch für Kosmetika, Kerzen, Putzmittel, Farben, Lacke und Treibstoffe verwendet – und da ist die Kennzeichnungspflicht bei weitem nicht so weitgehend.

Aber auch die Kennzeichnungspflichten sind nicht eindeutig hilfreich. Das bekannteste Zertifizierungssystem für ‚nachhaltiges’ Palmöl ist RSPO. Im Jahr 2004 auf Initiative des WWF gegründet, versucht das RSPO (Roundtable on Sustainable Palm Oil) nachhaltige Anbaumethoden für Palmöl zentral zu fördern um Umweltschädigung zu begrenzen.

Vielen geht RSPO nicht weit genug, aber es ist zumindest einmal ein erster Schritt. Am schwersten bei diesem Kompromiss wiegt aber sicher der ‚Nachteil‘, dass es keine unabhängige Kontrollinstanz gibt.

Ein Boykott von Palmölprodukten insgesamt ist also möglich, aber schwierig. Eine Einschränkung auf ‚nachhaltiges‘ Palmöl ist aber eine große Herausforderung für den einzelnen Konsumenten. Da Palmöl Bestandteil vieler Lebensmittel ist, wurde der Druck auf die Konzerne hier für mehr Transparenz zu sorgen immer größer, große PR Kampagnen inklusive. Wir wollten es genauer wissen und haben bei SPAR und REWE nachgefragt.

Zunächst ein großes ‚Danke‘ an SPAR, die uns binnen Tagesfrist umfangreiche Antworten auf unsere Fragen übermittelt haben. Und ein kleines ‚Minus‘ für REWE, die es trotz aktueller millionenschwerer Palmöl Kampagne nicht der Mühe wert fanden, auf unserer Fragen einzugehen, sondern uns mit einem Standardtext abspeisten. Aber lesen Sie selbst.

SPAR antwortet

Für SPAR antwortete uns Mag. Lukas Sövegjarto, Leiter Nachhaltigkeit. Wir bedanken uns herzlich für die ausführliche Rückmeldung.

Vegan.co.at: Palmöl ist in letzter Zeit schwer in Verruf gekommen, weshalb?

SPAR: Palmöl ist in den vergangenen Jahren gleichsam mit dem verstärkten Einsatz in Kritik geraten. An sich hat Palmöl einige Vorteile gegenüber anderen Fetten: Es ist bei Zimmertemperatur fest, schmilzt aber im Mund, es ist lange haltbar und die Ölpalme liefert pro Fläche weitaus das meiste Öl im Vergleich zu anderen Ölpflanzen. Außerdem muss Palmfett für die Lebensmittelproduktion nicht künstlich gehärtet werden.

Ölpalmen wachsen jedoch nur in tropischen Regionen und mit der zunehmenden Nachfrage nach günstigem Palmöl sind die Anbauflächen massiv angestiegen mit schweren Auswirkungen für Wälder und Waldbewohner. Zusätzlich ist Palmöl durch hohe Anteile an möglicherweise krebserregenden 3-MCPD-Ester aufgefallen. Diese Ester entstehen bei allen verarbeiteten Ölen, wenn in der industriellen Raffination zu hohe oder zu lange hohe Temperaturen herrschen.

Vegan.co.at: Warum wird in derart vielen Produkten Palmöl verwendet?

SPAR: Der größte Teil der weltweiten Palmöl-Produktion wird nicht in Lebensmitteln eingesetzt, sondern verheizt. Palmöl ist in asiatischen Ländern Brennstoff und weltweit als Bio-Diesel beigemengt. Durch den hohen Flächenertrag ist Palmöl schlichtweg billiger und braucht weniger Agrarflächen als beispielsweise Raps oder Soja.

Für die Nahrungsmittelproduktion hat Palmöl sehr günstige Eigenschaften, da der Schmelzpunkt über Zimmertemperatur, aber unter der Körpertemperatur liegt. Damit schmelzen beispielsweise Kuchenüberzüge nicht in der Hand, aber im Mund.

RSPO, Fettreduktion oder alternative Fette?

Vegan.co.at: Ist der Einsatz von zertifiziertem Palmöl sinnvoll?

SPAR: Jein – RSPO steht unter massiver Kritik, da die Richtlinien für viele NGOs nicht ausreichend sind. Allerdings gibt es keine alternative Zertifizierung, die ausreichend streng ist und gleichzeitig ausreichende Mengen liefern kann. RSPO ist also nicht optimal, aber besser als die 65% unzertifiziertes Palmöl.

Vegan.co.at: Welche Strategie kann das Problem nachhaltig lösen ohne ein neues Problemfeld zu öffnen? Welche Ersatzfette stehen ökonomisch sinnvoll zur Verfügung? Ist generelle Fettreduktion ein Thema bzw. möglich?

SPAR: Fettreduktion in Lebensmitteln ist bis zu einem gewissen Grad möglich, Fett ist jedoch wichtiger Bestandteil in vielen Lebensmitteln. Natürlich kann Palmöl durch andere Fette ersetzt werden, diese müssen aber künstlich gehärtet werden – ein zusätzlicher industrieller Produktionsschritt, der bei schlechter Durchführung wieder zu Bildung von MCPD-Estern führen kann.

Einzig Kokosfett müsste auch nicht gehärtet werden, hat jedoch einen deutlich geringeren Flächenertrag und wächst in identen Gebieten wie Ölpalmen. Ein Umstieg auf Kokos würde das Problem also langfristig verschärfen. Der größte Hebel läge in der Reduktion von Palmöl im Energiebereich. Mit einer Verbannung von Palmöl aus europäischem Bio-Diesel könnte der Produktionsdruck in südostasiatischen Ländern reduziert werden.

SPAR versucht Palmfett bis Ende 2018 in allen Eigenmarken-Lebensmitteln durch möglichst heimische Fette zu ersetzen. Die SPAR-Qualitätskontrolle setzt gleichzeitig einen Schwerpunkt auf die Analyse von Glycidil-Estern, um qualitativ hochwertige Öle zu garantieren.

Palmöl? REWE antwortet

Und hier die Antwort der REWE Gruppe:

„Die REWE International AG geht den von namhaften NGOs empfohlenen Weg: Palmöl wird in unseren Eigenmarkenprodukten, wo es technologisch möglich und sinnvoll ist, durch andere Öle und Fette ersetzt. In Fällen, wo es aktuell noch keine zweckvollen Alternativen gibt, wurde auf zertifiziertes Palmöl aus ökologisch und sozial nachhaltigerem Palmölanbau umgestellt. Ohne Palmöl können manche Zutaten nicht verarbeitet werden bzw. führt der vollständige Verzicht zu einem erheblichen Qualitätsverlust beim Endprodukt.

Mit Ja! Natürlich – der Bio-Eigenmarke von BILLA, MERKUR und ADEG haben wir schon seit 2010 Schritt für Schritt Palmöl durch alternative Pflanzenöle ersetzt und seit Anfang des Jahres ist das komplette Ja! Natürlich Sortiment mit rund 1.200 Produkten zu 100% palmölfrei. Statt Palmöl kommen in Ja! Natürlich Produkten hochwertige Öle aus heimischer oder europäischer Landwirtschaft zum Einsatz – allen voran Sonnenblumenöl.“

Fazit: REWEs Bio-Eigenmarke ‚Ja natürlich‘ ist seit Anfang 2018 palmölfrei; Spar will es bis Ende des Jahres werden! Das lässt darauf hoffen, dass auch für Veganer, die sich palmölfrei ernähren wollen nun einfachere Zeiten beginnen. Zumindest was den Einkauf bei REWE und SPAR betrifft.

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Quellen:

¹ PETA: Warum Veganer ein Problem mit Palmöl haben
² Global 2000 – Palölreport: Zerstörte Umwelt, geraubtes Land

Linktipps

– Palmöl – problematiosches Fett der Ölpalme/a>
– Warum ist Palmöl schlecht
– Neue Öle in der Küche – worauf Sie achten sollten
– Gute Avocado, böse Avocado: Superfrucht mit durchwachsener Ökobilanz
– Jackfrucht! Jack wer?

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